„Nach dem Ende der Lockdowns wird jetzt in vielen Wohnungen wieder verstärkt gefeiert.“ So meldete es das ZDF-Magazin Drehscheibe Ende Juni. Zu lautes Feiern ist einer der Hauptgründe, warum Menschen, die eher zufällig und meist nicht freiwillig neben- oder untereinander wohnen, aneinander geraten. Nachbarschaftsstreits beschäftigen seit jeher Gerichte, Juristen und Schiedsleute besonders häufig. Wichtig für alle Nachbarinnen und Nachbarn zu wissen ist in diesem Zusammenhang: „Ein Recht auf Party gibt es in dem Sinne nicht“, wie es in dem ZDF-Beitrag heißt.
Lärm führt oft zu lauten Auseinandersetzungen
Lärm ist ein Quell steten nachbarschaftlichen Ärgers, scheint es, wenn die einschlägigen Internetseiten gesichtet werden. Laut Beratungsportal anwalt.de kommt es deswegen sogar zu den meisten Beschwerden. Dabei ist es eigentlich ganz einfach: In der Nachbarschaft muss gegenseitige Rücksicht geübt werden. Grundsätzlich ist von 22 bis 6 Uhr die Nachtruhe einzuhalten. Vielerorts gilt außerdem zwischen 13 und 15 Uhr die Mittagsruhe. In manchen Mietshäusern enthalten Hausordnungen zusätzliche Regelungen.
Es gibt aber Geräusche, die sich nicht einfach so vermeiden lassen. Deswegen scheitern Klagen wegen Kinderlärms immer wieder vor Gericht. Auch das Musizieren kann Ihnen grundsätzlich niemand kategorisch verbieten. Allerdings muss sich Ihre Geige oder Flöte an die Nachtruhe halten, während dies für schreiende Babys natürlich nicht gilt.
Nach dem Lärm, der an der Spitze der Streitgründe steht, kommen nach einer Statistik von Statista übrigens lauter verhaltensbedingte Gründe für Streitigkeiten in Frage: Unfreundlichkeit, Rücksichtslosigkeit, egoistisches Parken. Eine umfassende Übersicht aller möglichen Streitanlässe und der verschiedenen, in Deutschland von Bundesland zu Bundesland unterschiedlichen Regelungen finden Sie bei Wohnglück.
Grenzüberschreitendes Gesträuch geht gar nicht
Wieviele Witze haben Sie bereits gehört über Sträucher oder Äste, die auf ein Nachbargrundstück reichen und deswegen zu Nachbarschaftsstreit führen? Klar, dass es auch deswegen immer wieder zu Auseinandersetzungen kommt. Auch in diesem Fall ist die Lösung grundsätzlich ganz einfach. Strauchwerk, Zweige und andere botanische Extremitäten haben jenseits der Grundstücksgrenze nichts verloren. Nachbarn haben dagegen nur dann keine Handhabe, wenn der Übergang die Nutzung ihres Grundstücks nicht beeinträchtigt.
Ansonsten haben die Nachbarinnen und Nachbarn einen Anspruch gegen Sie, dass Sie den Überwuchs entfernen. Dies gilt umso mehr, wenn es wegen der herüber ragenden Pflanzen zu Verschattungen kommt oder Baum-Spaliere für Dunkelheit nebenan sorgen. Auch dann müssten sie wohl oder übel zu Säge und Astschere greifen und die Zweige und Stämme des Anstoßes beseitigen. Was Ihre Nachbarn aber nicht dürfen: Wachsen an einem der grenzüberschreitenden Zweige Kirschen oder Äpfel, dürfen sie diese nicht einfach ernten. Das Obst gehört Ihnen.
Für Frieden müssen Sie nicht unbedingt zum Richter
Wenn Sie etwas stört, was in Ihrer Nachbarschaft vonstatten geht, ist es zunächst Ihre Sache, etwas dagegen zu unternehmen. Sie können und sollten es nicht auf andere delegieren, das Gespräch zu suchen. Als Nutzer einer Wohnung oder eines Gartens können Sie selbst verlangen, dass Störungen durch die Nachbarn abgestellt werden.
Hilft das alles nicht und ist der Hausfrieden nachhaltig gestört, kann Ihr Vermieter aber doch noch ins Spiel kommen. Denn es gehört tatsächlich auch zu den Aufgaben für Vermieterinnen und Vermietern, die Voraussetzungen für ein gedeihliches Miteinander in einem Mietshaus zu schaffen. Ausdruck dieser Pflicht ist beispielsweise Ihr Recht, bei anhaltenden Beeinträchtigungen, etwa durch dauerhaft feiernde Nachbarn, denen niemand Einhalt gebieten kann, die Miete zu mindern. Immerhin können Sie die Wohnung nicht im vollständigen Maße nutzen. Denn auch Erholung zu fördern ist ja eine Funktion der eigenen vier Wände.
Und wenn alles nichts hilft? Dann sehen sich erstaunlich viele Nachbarinnen und Nachbarn vor Gericht wieder. Derlei Prozesse sind zwar alles andere als selten, aber gar nicht so häufig, wie es den Anschein hat. Sachsen verzeichnete 2020 beispielsweise 379 Verhandlungen vor den Amtsgerichten, meldet welt.de, und Mecklenburg-Vorpommern laut dpa ein Jahr später 149 Fälle. Insgesamt werden laut Das Haus jährlich etwa 9.000 Prozesse wegen Nachbarschaftsstreits geführt. Die Zahl der reingereichten Klagen liegt allerdings wesentlich höher, nämlich bei 300.000.
Dabei gibt es ein Instrument, dass vielfach die viel bessere Lösung ist: die Mediation. Oft sorgen Rechtsschutzversicherungen bereits dafür, dass sich streitende Nachbarn zunächst vorm Mediator treffen, wie 123recht.de erläutert. In einigen Bundesländern sind Schieds- oder Schlichtungsverfahren bei Nachbarschaftsstreitigkeiten sogar verpflichtend vorgeschrieben, bevor ein regulärer Prozess eingeleitet wird.
Warum solche Konfliktlösungsverfahren oft erfolgreich sind, liegt auf der Hand: Nachbarschaftsstreit lässt sich nur beilegen, wenn beide Seiten das Urteil akzeptieren und sich daran halten. Genau das ist der Sinn des Schiedsverfahrens. Gemeinsam wird unter der Anleitung eines erfahrenen Mediators oder einer Mediatorin beziehungsweise eines Schiedsmannes oder einer Schiedsfrau nach einer konstruktiven Lösung für einen Konflikt gesucht. Dabei sollten alle Einflussfaktoren auf einen Konflikt berücksichtigt werden.
Im Falle des Falles können Sie sich als Beteiligter auch selbst an eine kommunale Schiedsstelle wenden. Kontaktadressen dieser Einrichtungen finden Sie über die Homepage Ihrer Stadtverwaltung. Oder Sie gehen direkt auf die Internetseite der Bundesvereinigung deutscher Schiedsmänner und Schiedsfrauen.