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Stellungnahme zur Zwölften Corona-Bekämpfungsverordnung Rheinland-Pfalz sowie zu den Beschlüssen des Verwaltungsgerichts Mainz vom 04.11.2020 und des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 05.11.2020 von unserem Rechtsanwalt Christian Häming

Bad Dürkheim

Am 30.10.2020 erließ die Ministerin für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie des Landes Rheinland-Pfalz die am 02.11.2020 in Kraft getretene Zwölfte Corona-Bekämpfungsverordnung Rheinland-Pfalz.

Diese sieht in § 11 unter der Überschrift “Freizeit“ das generelle Verbot von Messen, Spezialmärkten und ähnlichen Einrichtungen vor. Am 01.10.2020, also vier Wochen vorher, wurde die für den 06.-08.11.2020 geplante „Baumesse Bad Dürkheim“ durch Bescheid der Stadt Bad Dürkheim vom 01.10.2020 als Ausstellung festgesetzt, d.h. genehmigt und zwar unter der Auflage der Beachtung der strengen Auflagen der Elften Corona-Bekämpfungsverordnung Rheinland-Pfalz vom 11.09.2020. In Umsetzung der genehmigten Veranstaltung wurde von der BaumesseE GmbH im Zusammenarbeit mit der Kreisverwaltung Bad Dürkheim als zuständiger Behörde ein umfassendes Veranstaltungs- und Hygienekonzept entwickelt, welches sich im Übrigen bereits unmittelbar zuvor bei vier Baumessen von Mitte September bis Ende Oktober 2020 in Hofheim, Pforzheim, Bad Kreuznach und Kalkar bewährt hatte. Keine diese Veranstaltungen, wobei die Daten aller Mitarbeiter, Aussteller sowie Besucher ordnungsgemäß erhoben wurden, hatte irgendwelche Infektionsgeschehen ausgelöst, denn nirgendwo gab es Anfragen der zuständigen Gesundheitsämter.

Aufgrund des Umstandes, dass hier die in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich Art und Umfang massivsten Grundrechtseingriffe durch die Zwölfte Corona-Bekämpfungsverordnung ohne ein parlamentarisch legitimiertes Gesetz erfolgten, ist es unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts eigentlich unumgänglich, bereits von einer formellen Verfassungswidrigkeit der Corona-Bekämpfungsverordnung auszugehen.

Dieses hat auch das Verwaltungsgericht Mainz u.a. in seinem Beschluss vom 04.11.2020 bereits sehr eindeutig und richtig erkannt, hat jedoch seine Entscheidung hierauf nicht stützen müssen, da es zudem einen materiellen Verfassungsverstoß gegen Art. 3 Grundgesetz – das Gleichheitsgebot - und damit eine Unwirksamkeit der Corona-Bekämpfungsverordnung festgestellt hat. Nach dem Beschluss des Verwaltungsgerichts Mainz durfte also die Baumesse Bad Dürkheim stattfinden. Die Begründung war zutreffend, dass keine relevanten Unterscheidungskriterien zwischen einer Ausstellung mit gewerblichen Anbietern, die dem Endkunden ihre Waren und Leistungen präsentieren und etwa einem Einkaufszentrum, welches geöffnet haben darf, zu erkennen sind. Ganz im Gegenteil ist auch das Verwaltungsgericht der Auffassung, dass durch das Hygienekonzept für die Durchführung der Baumesse Bad Dürkheim vielmehr strengere Anforderungen für den Infektionsschutz erfüllt werden, weshalb es verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt ist, die eine gewerbliche Tätigkeit zu verbieten und die andere nicht.

Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Mainz kann auch zum jetzigen. Zeitpunkt nur als vollkommen richtig bezeichnet werden.

In einer Beschwerde des Landes Rheinland-Pfalz zum Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, die mir als vertretendem Rechtsanwalt per Telefax am 05.11.2020 um ca. 16:00 Uhr mit Gelegenheit zur Stellungnahme bis 17:30 Uhr zugestellt wurde, machte das Land Rheinland-Pfalz geltend, der Beschluss des Verwaltungsgerichts Mainz sei unrichtig und die Corona-Bekämpfungsverordnung hinsichtlich des Verbotes aller Messen, Ausstellungen und Spezialmärkte wirksam.
Obwohl dem Oberverwaltungsgericht innerhalb der sehr kurz bemessenen Frist zur Stellungnahme nachgewiesen wurde, dass die zuständige Behörde, die Kreisverwaltung Bad Dürkheim, eine gesonderte Untersagungsverfügung bereits zurückgenommen hatte und zudem ein nochmals strengeres Hygienekonzept in Zusammenarbeit mit der Kreisverwaltung am 05.11.2020 erarbeitet worden war, wurde der Beschwerde des Landes stattgegeben und das Verbot der Baumesse zumindest nach vorläufiger Prüfung bestätigt. Die Begründung des Oberverwaltungsgerichts erscheint trotz aller gebotenen Zurückhaltung bei der Kritik an Gerichten, gerade bei einstweiligen Rechtsschutzverfahren, als nicht mehr nachvollziehbar.
Die Begründung lässt sich wie folgt etwas pointiert zusammenfassen. Die formelle Verfassungswidrigkeit, die sich geradezu aufdrängt, wird nicht zu Ende geprüft, da dieses im Eilverfahren nicht möglich sei. Die Verfassungswidrigkeit ließe sich vermeintlich zumindest nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit feststellen. Im Übrigen arbeite der Bundesgesetzgeber ja gerade daran, eine neue, verfassungsrechtlich tragbare Grundlage noch zu schaffen. Damit befindet sich das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz zwar auf der Linie auch weiterer Oberverwaltungsgerichte und auch des Verfassungsgerichtshofes des Landes Bayern, jedoch bleibt die Begründung äußerst fragwürdig und ausschließlich ergebnisorientiert. An den Kriterien des Bundesverfassungsgerichts orientiert sich die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts jedenfalls nicht.

Für diesen Teil der Entscheidung kann ich sogar noch ein gewisses Verständnis aufbringen, da das Oberverwaltungsgericht bei einer Abwägung wohl die Konsequenz einer Feststellung der formellen Verfassungswidrigkeit vor dem Hintergrund, dass dann in Rheinland-Pfalz keine landesrechtliche Regelung zur Corona-Bekämpfung existiert hätte, gescheut hat. Das sind zwar rechtlich im Ergebnis keine wirklich entscheidungsrelevanten Erwägungen, sie sind aber - wie gesagt - zumindest verständlich.

Kein Verständnis kann ich jedoch dafür aufbringen, dass hier der offenkundige Verstoß gegen das Gleichheitsgebot des Art. 3 Grundgesetz verneint wurde. Gegenstand des Hygienekonzeptes für die
Baumesse Bad Dürkheim waren unter anderem eine strenge Eingangskontrolle, eine strenge Kontrolle einer jeden Ausstellungshalle, die Pflicht zum dauerhaften Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung, großzügige Abstände zwischen allen Ständen der Aussteller, zahlreiche Trennwände und eine aufwändige Belüftungsanlage. Hinzu kam eine Begrenzung der Anzahl der zulässigen Personen auf dem Ausstellungsgelände zur Gewährleistung dessen, dass sich auf der Nettofläche, d.h. ausschließlich auf der Fläche, auf welcher sich Menschen bewegen können, durchschnittlich nur eine Person je 10 qm aufgehalten hätte. Selbstverständlich wäre auch die genaue Erfassung der Daten aller Personen, die sich auf dem Ausstellungsgelände aufgehalten hätten, erfolgt.

Dennoch hat das Oberverwaltungsgericht argumentiert, dass sich vermeintlich in z.B. Shopping-Centern und Möbelhäusern Besucherströme – ungeachtet bestimmter Spitzenzeiten – gleichmäßiger verteilen könnten. Diese Begründung ist – ohne jegliche Einschränkung – falsch. Das Hygienekonzept wird schlicht nicht zur Kenntnis genommen.

Umso bedauerlicher ist es, dass die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz natürlich zu beachten war. Dieses war und ist ein herber Schlag für die BaumesseE GmbH und alle Aussteller. Offenkundig sind die wirtschaftlichen Interessen kleiner und mittelgroßer Handwerks- und Dienstleistungsbetriebe, die bereits in der Vergangenheit sehr stark unter den Einschränkungen zur Corona-Bekämpfung gelitten haben, weniger wert als die Interessen von kleinen, mittleren und auch sehr großen Handelsgeschäften. Jedenfalls scheinen sie dem Land Rheinland-Pfalz und dem Oberverwaltungsgericht trotz klaren Hinweises nicht bedeutend genug gewesen zu sein.

Da durch das Verbot die Baumesse in Bad Dürkheim nun einmal unwiederbringlich in 2020 nicht stattfinden konnte, wird es jetzt in der juristischen Auseinandersetzung darum gehen, die Rechtswidrigkeit des Verbotes gerichtlich feststellen zu lassen.

Die rechtliche Auseinandersetzung ist also nicht beendet und bei sorgfältiger Prüfung werden die zuständigen Gerichte, auf denen dann hoffentlich weniger gesellschaftlicher und politischer Druck lastet, sicherlich die Rechtswidrigkeit des Verbotes, welches die Baumesse Bad Dürkheim getroffen hat, feststellen. Für die Baumesse Bad Dürkheim 2020 kommt das zwar zu spät, jedoch ist es für die Zukunft wichtig, wieder dem höherrangigen Verfassungsrecht zur Geltung zur verhelfen.

Christian Häming
Rechtsanwalt
Lehrbeauftragter für Wirtschaftsrecht an der Fachhochschule Südwestfalen – University of Applied Sciences
Döttelbeck Dr. Wemhöner & Partner
Rechtsanwälte - Steuerberater
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Kanzlei Münster
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Die Beschlüssen des Verwaltungsgerichts Mainz vom 04.11.2020 und des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 05.11.2020 finden Sie hier:

Beschluss des Verwaltungsgerichts Mainz vom 04.11.2020
Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 05.11.2020

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