Nach ein paar Jahren wird es in jeder Wohnung Zeit für einen neuen Anstrich. Ob schlicht weiß, zur Auffrischung der bisherigen Wandgestaltung oder als kreativer Impuls für mehr Farbe zu Hause – bei der Farbauswahl kommt es nicht nur auf Deckkraft und Wirkung der gewählten Kolorierung an. Bedacht werden muss natürlich auch, dass der Anstrich mit möglichst schadstofffreien, umweltfreundlichen Farben geschieht. Wer möchte schon seine kommenden Jahre in einem Chemielabor verbringen?
Die Schadstoffemissionen von herkömmlichen Wandfarben sollten Sie nicht unterschätzen. Das Online-Portal „Lifeverde“ nennt als potenziell gesundheitsschädliche Stoffe „Konservierungsstoffe, Lösemittel, Bindemittel, Füllstoffe, Pigmente und Weichmacher“. Dabei ist es zumindest in dieser Hinsicht einfach, auf risikoärmere Varianten zuzugreifen. In jedem Baumarkt finden Verbraucherinnen und Verbraucher „emissionsarme Innenwandfarben“, die mit dem Zeichen „DE-ZU 102“ ausgezeichnet sind. Dieses „Label“ kennen Sie sicher als den Blauen Umweltengel. Damit werden Produkte versehen, die über die gesetzlichen Bestimmungen hinaus weniger schädliche Inhaltsstoffe enthalten.
Blauer Engel ist ein aussagekräftiges Siegel
Eine umfangreiche Liste derartiger Innen-Wandfarben finden Sie auf der Internetseite des Blauen Engel. Diese zeichnen sich demnach vor allem dadurch aus:
- Sie sind emissionsarm, weil sehr strenge Grenzwerte für den Einsatz von flüchtigen und schwer flüchtigen organischen Stoffen wie etwa Lösungsmittel und Formaldehyd gelten.
- Sie enthalten keine Biozide, also Schädlingsbekämpfungsmittel.
- Bleihaltige Pigmente sowie perfluorierte und polyfluorierte Chemikalien sind ebenfalls nicht enthalten.
- Außerdem dürfen in der Farbe nur geringe Mengen Weichmacher sowie keine krebserzeugenden, erbgutverändernden und giftigen Stoffe verarbeitet werden.
- Konservierungsmittel dürfen nur in geringer Menge enthalten sein.
Dank dieser Kriterien konstatiert das Nachhaltigkeitsportal Utopia, dass der Blaue Engel „ein aussagekräftiges Siegel für Wandfarben“ sei. Kritische Stoffe seien „nicht oder nur in sehr geringen Mengen“ erlaubt.
Natürlich beschichtete Wände sind gesünder – und teuer
Wer noch weniger Chemie auf seine Innenwände aufbringen möchte, greift zu sogenannten Naturwandfarben. Diese basieren auf natürlichen Inhaltsstoffen mineralischen oder pflanzlichen Ursprungs. Zu nennen sind hier vor allem Lehm-, Kalk- und Silikatfarbe.
Einschlägige Informationsquellen zählen verschiedene Vorteile von Naturwandfarben auf. So beugen sie beispielsweise Schimmelbildung vor, weil sie „diffusionsoffen“ sind, eine Wand also nicht hermetisch abdichten. Außerdem sind Naturwandfarben üblicherweise auch für Allergikerinnen und Allergiker ungefährlich. Nachteile gibt es allerdings auch. So funktionieren diese Farben jeweils nur auf bestimmten Untergründen, und ihre Deckkraft ist meistens auch geringer. Fast schon selbstverständlich sind sie in der Regel deutlich teurer.
Lehmfarbe: komplett natürlich und lange verwendbar
Lehmfarbe besteht zu großen Teilen aus feingemahlenen Tonmehlen. Hinzu kommen mineralische Stoffe, Erdpigmente, Pflanzeneiweiße und Zellulosefasern. Sie wird entweder bereits streichfertig oder als Pulver, das noch mit Wasser aufbereitet werden muss, vertrieben. Lehmfarbe ist nur sinnvoll einsetzbar, wenn sie auf atmungsaktiven Streichputz aus Lehm aufgebracht wird. Darauf weisen sowohl wohnglueck.de als auch „Das Haus“ hin.
Mit Lehmfarbe handeln sich Verbraucherinnen und Verbraucher ein Problem nicht ein, das sie von nahezu allen anderen Farben kennen. Sie kann nämlich auch dann weiterverwendet werden, wenn sie eingetrocknet ist. In diesem Fall schütten Sie einfach Wasser hinein und vermengen die Farbe neu, schon geht es mit dem Anstrich weiter.
Gesundes Raumklima, aber wenig strapazierfähig
Weil Lehmfarbe atmungsaktiv ist, sorgt sie ganz natürlich für ein gesundes Raumklima. Sie lädt sich nicht elektrostatisch auf, womit dafür gesorgt ist, dass keine Schmutzpartikel aus der Luft angezogen werden und sich auf der Wand ablagern. Allergiker freuen sich über diese Eigenschaft.
Die Kehrseite der Medaille ist, dass Lehmfarben schlechter decken und auch etwas abriebempfindlicher sind als andere Farben. Die Lehmfarbschicht verbindet sich nicht mit dem Untergrund, die Farbschicht ist somit weniger strapazierfähig. Im Flur oder im Kinderzimmer sollten Sie also eher nicht zur Lehmfarbe greifen.
Silikatfarbe: ökologisch unbedenklich und allergikerfreundlich
Eine starke Bindung mit dem Untergrund geht dagegen Silikatfarbe ein. Dafür sorgt das Bindemittel Kaliumsilikat, das auch als Wasserglas bekannt ist. Wegen ihrer besonderen Eigenschaften funktioniert Silikatfarbe nur auf mineralischen Untergründen wie Putz, Beton oder Faserzement, nicht aber auf Gips, weiß wohnglueck.de. Richtig aufgebracht ist Silikatfarbe wegen ihrer atmungsaktiven Eigenschaften besonders gut für Allergiker geeignet und beugt auch Schimmelbildung vor.
Silikatfarbe ist in ihrer reinen Form ökologisch unbedenklich. Es gibt sie aber auch als Dispersionssilikatfarbe mit bis zu fünf Prozent organischen Zusätzen und als sogenannte Sol-Silikatfarbe mit einer Kombination aus Kieselsol und Wasserglas, die auch auf nichtmineralischen Putzen verwendet werden kann.
Diese Farbe ist gekommen, um zu bleiben
Wer zu Silikatfarbe greift, muss sich wie bei der Lehmfarbe auf höhere Preise einstellen, führt „Das Haus“ aus. Oft muss auch der Fachhandel angesteuert werden, um diese besonderen Farben zu kaufen. Eingeschränkt ist darüber hinaus die Menge der verfügbaren Farbtöne. Außerdem müssen Heimwerkerinnen und Heimwerker, die Silikatfarbe verarbeiten möchten, darauf achten, Handschuhe, Schutzbrillen und Schutzkleidung zu tragen. Solange sie nicht getrocknet ist, ist die Farbe nämlich ätzend.
Anders als Lehmfarbe können sie Silikatfarbe auch nicht lange aufbewahren. Und wenn sie des Anstrichs überdrüssig geworden sind, ist die Entfernung der Farbschicht aufwendig. Denn Silikatfarbe verbindet sich (siehe oben) ja fest mit dem darunterliegenden Putz. Sie werden sie nur durch Fräsen, Schleifen oder Abklopfen wieder los.
Blick in WECOBIS lohnt sich
Wenn sie sich gründlich darüber informieren möchten, welche Farbe für welchen Anwendungszweck am nachhaltigsten ist, empfehlen wir Ihnen das Ökologische Baustoffinformationssystem „WECOBIS“ der Bayerischen Architektenkammer. Auf dieser Seite identifizieren Sie dank umfangreicher Tabellen den passenden Farbtyp für unterschiedliche Untergründe. Außerdem gibt es Hinweise zur Anwendung und zur ökologischen Qualität der Produktarten.


